Musikwünsche – Fluch und Segen zugleich
Als DJ werde vorwiegend für Familienfeiern gebucht. Das sind die Gelegenheiten, wo der DJ 3 oder 4 Generationen mit passender Musik unterhalten soll, nach der im Idealfall auch alle Generationen Seite an Seite tanzen. Aber bei 50 Gästen gibt es eben auch 50 Geschmäcker. Als DJ lese ich mein Publikum und lege die Musik entsprechend meiner Erfahrung auf. Jedoch hat keiner der Gäste seinen Musikgeschmack auf die Stirn geschrieben. Hier kommen die Musikwünsche ins Spiel.
Da ich zeitnah vor der Veranstaltung grundsätzlich ein finales Gespräch führe, kenne ich zumindest die Vorlieben des Veranstalters und in welche Richtung die Feier gehen soll. Dabei treffe ich teils auf Veranstalter, die ihre Gesellschaft gut kennen, mit denen ich kurz die Musikrichtungen bespreche und die den Rest in meine Hände legen. Andere wiederum wollen gegen meinen Rat am liebsten alles genau planen und nichts dem Zufall überlassen und übergeben mir Titellisten, bei denen entweder die aktuellen Top 30 der Dance-Charts abgeschrieben wurden oder worauf die Titel so unterschiedlich sind, dass ich kaum drei oder vier aus einer „Schublade“ für einen Musikblock finden kann. Die besonders fleißigen fragen sogar ihre Gäste vorab nach ihrer Lieblingsmusik und stellen daraus Listen zusammen.
Titel aus den Charts gehören bei mir eh zu einem abwechslungsreichen Tanzabend, die muss man mir nicht abschreiben. Wunschlisten, die dann von Mittelaltermusik über Irisch Folk und Riverdance bis hin zu Death Metal reichen und dazu noch im Umfang mehr als die Hälfte der üblichen 4-5 Tanzstunden festlegen, sind für keinen DJ hilfreich. Im Gegenteil! Hier picke ich mir maximal einige Highlights heraus. Sorry, liebe Veranstalter, aber diese Arbeit ist umsonst!
Eine Bereicherung dagegen sind die Musikwünsche, die mir während der Veranstaltung ins Ohr gebrüllt werden. Die stellen häufig eine gute Mischung aus momentaner Stimmung und dem Geschmack des Gastes dar. Manchmal sind es längst vergessene Titel oder welche, die ich in der Runde oder bei dem Anlass nie aufgelegt hätte, die aber viral die Stimmung heben.
Jeder Event-DJ, der Musikwünsche erfüllt, kennt es: Äußert ein Gast einen Musikwunsch, heißt es diesen möglichst „gleich als Nächstes“ zu erfüllen. Nervige Nachfragen bereits wenige Minuten später unterstreichen das. Nicht selten bleibt dabei auch die übliche Höflichkeit auf der Strecke. Dazu zähle ich übrigens auch, dass wer wünscht auch zu seinem Lied tanzt.
Neulich las ich im Blog meines Kollegen Thorsten Weber über eine Veranstaltung, bei der sein Co-DJ so verrückt war und jeden Musikwunsch der Gäste unmittelbar erfüllt hat. Die Gäste nutzten das auch sehr rege. Herausgekommen ist eine chaotische Party mit einem ständigen Wechsel der Genres, die auch sehr frühzeitig bereits um 23 Uhr zu sterben begann. Die Stimmung ist halt anders, wenn man wie oben erwähnt, die Masse der Gäste erreicht, als nach und nach nur jeden einzelnen Gast.
Mich hat das in meiner bisherigen Arbeitsweise bestätigt. Ob ich einen Wunsch „gleich als Nächstes“ oder in zwei Stunden oder vielleicht auch gar nicht spiele, bleibt meine Entscheidung, also nach dem Motto: „Es wird getanzt, was auf die Teller kommt“.